Neujahrsvorsätze

Ein neues Jahr ist ja immer der Punkt, an dem viele Menschen sich Vorsätze für die kommenden 12 Monate machen. Jedoch sind diese Vorsätze, die nicht selten im schon leicht angesäuselten Zustand um Mitternacht an Neujahr herum geäußert werden, oftmals nicht von Dauer. Man kehrt zurück zum eingefahrenen Zustand, den man ja eigentlich ändern wollte. Das war auch bei mir schon viel zu oft der Fall, trotz meines berüchtigten Dickschädels hat oftmals die Routine oder einfach auch nur die Faulheit gesiegt.

2022 jedoch sollte das alles anders werden! Wer mich schon länger kennt, der weiß, dass mein Gewicht schon seit Kindesbeinen an ständig variiert, dabei aber regelmäßig zu hoch ist. Falsche Ernährung, zu wenig Bewegung, Lethargie, Faulheit. Das sind nur einige der Gründe, wieso das so ist. Beziehungsweise war, denn im vergangenen Jahr habe ich da nun endlich wieder den Aufsprung geschafft und gewissermaßen den Turnaround erreicht.

Aber zurück in die Vergangenheit: In meinen ersten 6 Lebensjahren war ich ein ganz normales Kind mit ebenfalls normalem Gewicht. Dann kam der 5. Februar 1977, den ich heute gewissermaßen als meinen Zweiten Geburtstag feiere. Denn dort wäre ich aufgrund eines nicht erkannten Blinddarmdurchbruchs mit jeder Menge Komplikationen fast gestorben. Es folgten mehrere Operationen, ich musste komplett wieder laufen lernen und – wir befanden uns in den Siebziger Jahres des vergangenen Jahrhunderts – man empfahl von ärztlicher Seite meinen Eltern, den fast bis auf die Knochen abgemagerten Sprössling doch mit Malzbier wieder aufzupäppeln. Tja, für eine gewisse kurze Zeit wäre das sicher auch gut gewesen, aber dann kommt die Gewöhnung, die Routine und naja, eine Gewichtszunahme, die ich sozusagen bis heute mit mir herumschleppe.

Und natürlich gab es viele Versuche, dieses mal mehr, mal nicht ganz so heftige Übergewicht zu reduzieren. Diäten noch und nöcher, Verzicht auf Fette, Verzicht auf Kohlehydrate, mehr Bewegung. Aber all dies war immer nur von kurzem Erfolg gekrönt. Denn nie hatte sich eine Routine entwickelt, die sozusagen in Fleisch und Blut übergegangen ist. Halt, bis auf einen Versuch: den hatte ich 2017 gestartet, und zwar beim 1. FC Nürnberg, der im Rahmen des Programms „Fußballfans im Training“ genau solche Leute wie mich, die Übergewicht mit sich herumschleppen, sich zu wenig bewegen und dadurch auch Raubbau an ihrer Gesundheit betreiben, wieder zu aktivieren. Aber nicht durch Diät oder kurzfristige Bewegungsorgien, sondern durch nachhaltige Änderung der Gewohnheiten. Und das hatte damals auch prima geklappt, von Ende September bis zum Kursende kurz vor Weihnachten 2017 reduzierte ich mein Gewicht von 117,7 auf 100,4 Kilo! Über 17 Kilo in 12 Wochen! Und das „nur“ durch veränderte Essgewohnheiten und regelmäßige Bewegung. Keine Fertigprodukte mehr, jeden Tag mindestens 10.000 Schritte gehen, dazu der wöchentliche „Wettbewerb“ mit den anderen Kursteilnehmern, das „öffentliche“ Wiegen jeden Mittwoch vor der Gruppe.

Anfang 2018 ließ mein Ehrgeiz kurzfristig wieder ein klein wenig nach. Nicht bei der Ernährung, aber in Sachen Bewegung. Erst kurz vor meinem angepeilten Ziel, beim Night Run in Coburg die 4km-Strecke zu absolvieren, legte ich wieder los. Naja, etwas zu spät um eine vernünftige Zeit zu erreichen. Nach 34 Minuten kam ich keuchend und völlig erledigt ins Ziel (übrigens eine Pace von 8:29 Minuten pro Kilometer) und fasste noch da den Entschluss, von nun an wieder dreimal in der Woche laufen zu gehen. Und das tat ich auch, bis Mitte Oktober sank mein Gewicht von rund 104kg zum Zeitpunkt des Night Runs auf 89kg und pendelte von da an immer so zwischen 90 und 93 Kilo. Ich war regelmäßig joggen, spielte Fußball mit meinen XXL Clubberern und auch in der 2. Mannschaft des LTV Gauerstadt.

Und dann kam der Rückschlag: am 7. April 2019, just in dem Spiel, in dem ich das erste Mal gemeinsam mit meinem Sohn Philip in der Startelf stand, verletzte ich mich. Kurz vor dem Ende blieb ich bei einer Drehung im Rasen hängen und verdrehte mir das Knie. Die erste Diagnose lautete Meniskusquetschung, aber es wurde einfach nicht besser. Und nach einer erneuten Kernspinuntersuchung kam die ernüchternde Diagnose: Knorpelschaden im Knie, Belastung für ein gutes Jahr vermeiden und als Ausgleich für meine O-Beine eine Schuhranderhöhung…

Tja, und dann kam es eben, wie es kommen musste. Ich wurde wieder faul und träge, der Frust wuchs, ebenso das Gewicht, weil ich dann auch das mit der Ernährung nicht mehr so durchgezogen hatte und wieder die Mittagspause mit fertigen Schnitzelsandwiches und dergleichen bestritt. Noch bevor ich wieder loslegen durfte kam dann Corona und das brachte auch auf einigen Ebenen ein zusätzliches Frustpotential mit sich. Doch anstatt den Frust mit Bewegung zu bewältigen, verfiel ich immer mehr in Lethargie, ging kaum aus der Bude raus und so nahm auch zusehend mein Gewicht immer mehr zu.

Es gab dann jedoch mehrere Punkte, die bei mir innerlich dann einen Schalter haben umlegen lassen. Der erste war an meinem 51. Geburtstag. Meine Tochter Jana hatte sich eine Apple Watch zugelegt und wir stöberten gemeinsam durch Apple Health und verglichen unsere Werte. Bei der Ruheherzfrequenz kam dann Janas Kommentar: „Hmm, das ist aber schon bissi arg hoch, wenn der Ruhepuls bei Dir bei 99 liegt…“. Kinnhaken Nummer eins. Der zweite folgte wenige Tage später, als ich am 30. November mein Allzeithoch auf der Waage erreichte: unfassbare 118,01 Kilo! Und Kinnhaken Nummer drei war dann die Antwort meines Sohnes Philip auf die Frage, was er sich denn zu Weihnachten wünsche. Im Juli dieses Jahres starb mein Vater und das hatte Philip ziemlich mitgenommen. Und seine Antwort war: „Ich wünsche mir nur, dass Du gesund bleibst und noch lange lebst.“

Uff, spätestens da war für mich dann klar, dass ich dringend etwas ändern muss. An mir, meinen Gewohnheiten, an meinem Leben. Aber wer schon einmal so viel Gewicht mit sich herumgeschleppt hat, der weiß, dass schon Treppenstufen vom Erdgeschoss bis in den 1. Stock einen komplett außer Puste bringen und den Schweiß auf die Stirn treiben. Und dann hat man noch im Hinterkopf, dass man ja „nie wieder“ mal eben einen 10km-Lauf in unter einer Stunde durchstehen wird. Aber irgendwie muss man ja mal beginnen und das ging dann bei mir über Walking. Ich weiß auch noch, meine erste Standardrunde von daheim übers Industriegebiet und wieder zurück, knapp 5,5km, ich benötigte weit über 70 Minuten, musste zwischendrin immer mal atemlos pausieren und war daheim komplett KO und durchnässt.

Aber der Anfang war gemacht, dieses Gefühl, den inneren Schweinehund überwunden zu haben, das setzte Glücksgefühle frei! Und es ließ mich weitermachen. Ich nutzte abends vorm TV wieder meinen Stepper, ging nahezu jeden Tag walken, am 4. April dann das erste Mal wieder Walken mit Joggingintervallen, abwechselnd jeweils eine Minute. Ich holte mir einen Trainingsplan bei Runtastic und machte drei dieser Intervalltrainings pro Woche, dazu dreimal wöchentlich Walken. Und Ende Mai kehrte ich dann auch wieder zurück an den Valznerweiher, zu meinen XXL Clubberern, um gemeinsam mit ihnen zu trainieren.

Anfang Juni dann der erste Rückschlag: beim XXL-Turnier in Kiel stand ich im ersten Spiel gerade einmal 20 Sekunden auf dem Platz, hatte noch keine Ballberührung und wollte einen kurzen Antritt machen, als es plötzlich in der Wade schnalzte und mich ein stechender Schmerz zu Boden sinken ließ. Muskelriss, Zwangspause. Doch schon nach 2 Wochen konnte ich wieder auftreten und begann wieder mit Walking, kurz darauf überraschte mich ein sintflutartiger Wolkenbruch beim Walken und ich rannte einfach los, auf schnellstem Weg nach Hause. Und siehe da, es ging, keine Schmerzen!

Ende Juli dann ein erneuter Rückschlag. Beim Festival „Lieder am See“ fing ich mir Corona ein. Über zwei Wochen lag ich flach, Fieber, Gliederschmerzen, allgemeine Mattigkeit. Doch dann versuchte ich die ersten Walkingrunden, mit Erfolg. Doch Joggen ging einfach nicht, spätestens nach einem Kilometer war ich platt und musste abbrechen, immer wenn der Puls mal über 140 stieg war es, als zöge mir jemand den Stecker. Und es zog sich noch ein paar Wochen so hin, bis ich wieder so weit hergestellt war, dass ich problemlos meine Runden drehen konnte.

Und es folgten weitere Highlights: am 30. Oktober der erste absolvierte 10km-Lauf seit Ende 2018, am 27. November der Spendenlauf in Nürnberg über 11,6 Kilometer, für mich ein Jahr zuvor astronomische 166 gejoggte Kilometer allein im Dezember! Dazu regelmäßig einmal in der Woche mit meinen XXLern auf dem Kunstrasen am Valze und jede Menge absolvierter Einheiten über Apple Fitness+.

 

Ja, und heute schreiben wir den 4. Januar 2023. Das vielleicht aktivste Jahr meines Lebens liegt hinter mir. Sage und schreibe 498 Trainings habe ich im vergangenen Jahr absolviert, dieses Jahr im übrigen auch schon wieder 6. 😉 Und was hat es gebracht? Nun, zum einen hat meine Waage heute morgen ein Gewicht von 87,08 Kilo vermeldet. Eine tolle Zahl, ich habe 31 Kilo weniger als vor etwas über einem Jahr!

Aber nicht diese Zahl ist es, die wichtig ist. Vielmehr habe ich mir selbst in den vergangenen 12 Monaten bewiesen, dass man so viel schaffen kann, wenn man nur den Ar*** hochbekommt, sich neue Gewohnheiten zulegt, dranbleibt und ehrgeizig ist. Wenn man sich nicht mehr überlegt, wann kann ich mir die Zeit für ein Lauftraining irgendwo einschieben, sondern das wie selbstverständlich in seinen Tag integriert (bei mir z.B. in der Mittagspause). Als nicht ganz unwichtigen Nebeneffekt konnte ich die Medikamente, die ich gegen meinen Bluthochdruck seit vielen Jahren nehmen musste, auf ein Minimum reduzieren und vielleicht kann ich bald ganz darauf verzichten. Und all das beschert mir eine Lebensqualität, die ich auf anderem Wege niemals hätte erreichen können, nicht einmal mit allem Geld der Welt.

Doch auch für 2023 bleiben noch Ziele: ich möchte nächstes Jahr um diese Zeit auf der Waage eine Zahl mit einer 7 vornedran stehen sehen. Ich werde Anfang Mai den Bamberger Weltkulturerbelauf über 10,8km in Angriff nehmen und mein Ehrgeiz sitzt irgendwo zwischen zwei Gehirnwindungen und flüstert, dass eine Zeit in unter einer Stunde doch machbar sein sollte. Mit den XXL Clubberern wollen wir beim großen FFiT-Turnier, das dieses Jahr im Sommer in Leverkusen stattfindet, endlich einmal nicht wieder Rang 10 erreichen, sondern mindestens das Viertelfinale erreichen.

Und ansonsten? Einfach so weitermachen wie bisher, ein aktives und lebenswertes Leben führen, gesund bleiben und versuchen, meine Motivation auch auf andere zu übertragen. Meine neu gewonnene Energie wieder meinen zuletzt doch stark vernachlässigten Leidenschaften Musik und Fotografie widmen. Und neue Dinge beginnen, das erste schon in wenigen Tagen, denn ich habe mich zu einem Salsakurs angemeldet und werde nach über 30 Jahren wieder den Schritt auf ein Tanzparkett wagen, worauf ich mich schon riesig freue! Und alles andere? Das kommt dann von ganz von alleine… 🙂